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Leider war es zu diesem Zeitpunkt schon relativ spät, um die Tour zu planen. Die Brückenbesichtigung war vom 4.-7. Juni 1998. Aber ein kleiner Polyglott aus dem Buchladen und die Antwort vom dänischen Fremdenverkehrsamt in Hamburg auf meine Faxanfrage half mir schnell weiter. Ich beschloss, auf der Westseite der Brücke, also auf der Insel Fünen, nach einem Quartier zu suchen, und zwar zuerst im Ort Kerteminde, der ca. 25km nördlich des westlichen Brücken-Ankerpunktes liegt. Ein Anruf beim "Kerteminde Vandrerhjem" ergab, das man völlig ausgebucht sei, und zwar wegen der Brückeneröffnung an dem Wochenende. Uff, das konnte ja noch schwierig werden. Aber nach mehreren Anrufen beim "Turistbureau" in Kerteminde, wo man mir Telefonnummern von in der Nähe gelegenen Bed&Breakfast-Häusern gab, hat es dann aber doch noch geklappt. Ich bin dann für einige Tage im wirklich gemütlichen Hause "Naboløs" untergekommen, das etwa in der Mitte zwischen Kerteminde und Nyborg liegt.
In Nyborg war dann auch schon der Bär los: Ich sah erst "zig", dann Hunderte und später scheinbar Tausende von Radrennfahrern durch den Ort radeln, auf von der Polizei freigehaltenen Straßen. Später stellte sich dann heraus, dass von Donnerstag bis Sonntag verschiedene sportliche Veranstaltungen laufen sollten, die alle auch über die neue Brücke geleitet wurden. Die eine Fahrbahnrichtung der Brücke wurde jeweils für diesen Zweck freigehalten und auf der anderen Hälfte konnte man sich als Fußgänger frei bewegen. Aber nicht mit dem Fahrrad. Ob's stimmt, habe ich nicht mehr herausgefunden, aber angeblich soll man am Donnerstag mit dem Fahrrad über die Brücke gefahren haben dürfen. Es war aber leider schon Freitag abend... Und so bin ich dann auch tatsächlich nicht mehr mit dem Fahrrad auf die Brücke gekommen. Am Freitag jedenfalls wurde ein Radrennen durch Fünen und Seeland veranstaltet, am Samstag ein Rennen der Inliner und ein Halbmarathonlauf durchgeführt, und am Sonntag eine Automobil/Oldtimer-Show.
Vor Ort bestätigte sich dann, dass es für Radfahrer nicht möglich sei, aber dass ich problemlos zu Fuß auf die Brücke gehen konnte. Ich war ziemlich enttäuscht, wie auch viele andere Radfahrer u.a. auch aus Deutschland. Also ließ ich mein Rad stehen und stieg in einen der sehr zahlreichen, ständig zwischen Nyborg und der Insel Sprogø pendelnden kostenlosen Busse. Auf Sprogø angekommen wurde dann auch klar, wie das Ganze finanziert wurde: Das dänische rote Kreuz nahm 40 Kronen (ca. DM 10,-) Eintritt.
Auf der Gegenspur liefen noch Tausende der
Halbmarathonläufer,
viele davon allerdings nur noch im Gehtempo. Auf dem Bild links habe
ich
den ersten Blick zurück nach Sprogø festgehalten. Auf der
Gegenseite
der Straße sieht man noch die restlichen Teilnhmer des
Halbmarathonlaufes.
Links hinten der Hügel auf Sprogø mit dem Leuchtturm und
einem der
wenigen Gebäude auf der Insel. An dieser Stelle der Brücke
hat
man noch festen Boden unter den Füßen und die Steigung ist
auch
noch recht gering.
Hier der erste Blick aus der Entfernung auf die Pylone. An
diesen "dünnen
Drähtchen" hängt die ganze Brücke... Und so langsam wird
es ab hier auch ziemlich windig. Anfangs hatte ich noch kurz daran
gedacht,
doch lieber umzukehren und die Jacke zu holen. Aber schließlich
bin
ich ja kein Weichei (glaub' ich)...
Später dann war mir überhaupt
nicht mehr kalt, da einem bei zügigem Gehen und ständigem
Ankämpfen
gegen den Wind ganz schön warm wird.
Natürlich
kann man auf diesem Foto von dem Pylon wegen fehlender Möglichkeit
des Größenvergleiches nicht erkennen, welche Dimensionen das
Ding hat (auch mein Finger auf der Ecke links oben im Bild hilft da
nicht
:-)). Aber vielleicht hilft da ja das folgende Foto,
das genau in der Mitte zwischen den
beiden Pylonen aufgenommen wurde. Der
dicke x-fach verschraubte "Anker" klemmt auf dem dicken Halteseil, an
dem
alle Fahrbahnteile hängen. Das Seil besteht aus 18.648 einzelnen
Stahldrähten
von je 5,38 mm Dicke. Es ist insgesamt etwa drei Kilometer lang und
wiegt
etwa 9.500 Tonnen. Die dünnen Drahtseile darüber haben keine
tragende
Funktion, sondern dienen nur dazu, sich auf dem Halteseil fortbewegen
und
festhalten zu können. Jaja, man kann darauf 'rumlaufen...
Übrigens
sind in regelmäßigen Abständen solche Kästen mit
Steckdosen
an der Brücke angebracht. Wer
also den Drang verspürt, verbotenerweise auf der Brücke
anzuhalten
und seinen Campingwagen mit Strom versorgen zu müssen, dem bieten
sich reichlich Möglichkeiten. Vielleicht bringt das nächste
Bild
ja einen Eindruck davon, wie hoch die Pylone sind: Auf dem
Querträger
in der Mitte kann man (wahrscheinlich nur auf dem Großbild, das
man
beim D'raufklicken ansehen kann) einige kleine Flecken erkennen. Das
ist
kein Fliegendreck, sondern das sind Menschen, die da oben vorbeigingen
!
Und damit
man mir auch glaubt, dass ich die Fotos nicht aus der "Tagespresse"
geklaut habe, habe ich noch einen der Passanten gebeten, doch ein Bild
mit mir d'rauf zu machen. Dass die Ärmel hochgekrempelt sind
zeigt noch einmal, dass man vom Ankämpfen gegen den Wind eher
wärmer wird, als kälter durch den eigentlich eisigen Wind.
Tja, und auf diesem Bild sieht man
die Fährschiffe kurz vor Korsør,
die bis kurz vor der Eröffnung noch die beiden großen
Hauptinseln
Dänemarks verbanden. Mit der Eröffnung der Brücke wurde
die Fährlinie eingestellt. Jetzt ist es vorbei mit 'in Ruhe auf
der
Fähre die Überfahrt geniessen und eine Stunde Zeit für
Dinge
haben, die sonst "auf der Strecke bleiben"...
Was vorher etwa eine Stunde
dauerte erreicht man jetzt mit dem Auto oder dem Zug in 10 Minuten.
Dass
das nur Vorteile hat, darf bezweifelt werden.
Auf Seeland angekommen, nach eineinhalb Stunden Wanderung gab's dann zur Belohnung auch erstmal ein Bier und einen "Broburger", also einen "Brückenburger". Auf dem Bild noch einmal ein Blick von Seeland an der Brücke vorbei zur Insel Sprogø, die nur als Schatten zu erahnen ist. Sowohl auf Sprogø als auch auf dieser Seite der Brücke hatte das rote Kreuz Zelte aufgebaut, in denen z.B. Andenken und "Kulinarisches" verkauft wurden. Außerdem waren ausreichend sanitäre Anlagen aufgebaut, was sicher auch den Sportlern galt.
Nach kurzem Aufenthalt auf Seeland trat ich dann auch wieder
den Heimmarsch
an. Zum Glück kam diesmal der Wind von hinten, aber dafür die
Sonne von vorn. Und wie das so ist, denkt man natürlich nicht
daran,
dass man auch bei kaltem Wind einen Sonnenbrand bekommen kann. An
die Sonnenbrille hatte ich gedacht, aber erst in der Unterkunft
angekommen
sagte man mir, dass ich "ganz gut Farbe" bekommen hätte. Dann
merkte ich es auch plötzlich... Auf der Brücke jedenfalls
bewog
mich der Sonnenschein, noch einmal ein Bild von den Pylonen zu machen,
aber diesmal eben mit Sonnenschein d'rauf.
Die Leute, die mir hier entgegen kommen, sind schon die
letzten, die auf
die Brücke gelassen wurden. Schließlich muss man bis zu
zwei Stunden einplanen, bis die auf der anderen Seite angekommen sind.
Auf Sprogø fand dann noch ein Konzert statt, das allerdings nur
für
zahlende Gäste veranstaltet wurde.
Ich war aber auch froh, dann wieder in einen der zahlreichen, aus ganz Dänemark zusammengezogenen Busse einsteigen zu können, der mich wieder bis nach Fünen brachte. Am "Kontrollpunkt" dort angekommen habe ich mich noch kurz mit einem der extra für diese Tage eingesetzten Bewacher unterhalten. Er sagte, dass er von vielen Leuten, insbesondere Deutschen, gehört habe, dass sie enttäuscht waren, weil sie nicht mit dem Fahrrad auf die Brücke durften. Aber er sagte auch, dass man schon im dänischen Fernsehen darüber gesprochen habe, dass im deutschen Fernsehen nur unzureichende Informationen verbreitet wurden. Aber egal. Es war wirklich ein Erlebnis!!!
Auf der Karte links sind mögliche Rundtouren eingezeichnet. Ich habe mich anfangs genau an die Strecke gehalten, aber später auf dem Rückweg, auch aus Zeitgründen, eine Abkürzung genommen. Den Weg nach Kerteminde kannte ich ja schon von den Tagen zuvor. Auf dem Weg dorthin kommt man an einer Straßenmündung vorbei, an der ein Schild steht, das einem etwas spanisch bzw. russisch vorkommt. Aber seht selbst:
Dass das
nicht der Ort ist, den man anfangs vermuten könnte,
merkt man auch daran, dass es dort sicherlich wesentlich kälter
ist, als auf dem Foto zu erahnen ist... Am rechten Bildrand in der
Ferne
liegt Kerteminde. Nur wenige Kilometer weiter in dem Waldstück ist
folgendes Bild entstanden:
Man kann gut erkennen, dass die Ostsee ständig am Ufer nagt
und sich nach und nach auch den einen oder anderen Baum holt. Nicht an
vielen Stellen geht der Wald bis ans Wasser heran.
Kerteminde ist eine recht schöne alte
Hafenstadt
mit zum Teil noch gut erhaltenen typischen alten Häusern. Auf dem
weiteren Weg über Hverringe und Stavre kommt man durch Wälder
und über Feldwege zum Stavreshoved, wo ich mir einen Gang
über
Waldwege hinunter zum Wasser genehmigt habe. Dort hat man eine
schöne
Aussicht über's Wasser in viele Richtungen.
Ein Stück weiter kurz
hinter Måle kommt man zum höchsten Punkt Hindsholms mit
ganzen
36m über NN. Dennoch hat man von dort eine schöne
Aussicht
über die Landschaft und hinüber nach Romsø und kann
sich
einen guten Überblick verschaffen.
Beim Ort Viby ist eine
alte, restaurierte Windmühle zu sehen,
die aber zu dem Zeitpunkt nicht besichtigt werden konnte. Die
heruntergekommenen
Hinweisschilder davor deuteten auch nicht unbedingt darauf hin, dass
sich das ändern wird... Ansonsten erinnert die Bauweise aber auch
stark an die Windmühlen, die man aus Norddeutschland und Holland
kennt.
Weiter ging's entlang dem flachen Bøgebjerg
Strand
Richtung Stubberup. Dabei kam ich an einem der vielen großen
Höfe
vorbei, die davon zeugen, dass hier schon vor langer Zeit lebhaft
gehandelt und gewirtschaftet wurde. Ob die Gebäude allerdings
heute
noch ihrem ursprünglichen Zweck dienen, weiß ich nicht.
Hinter dem Ort Martofte liegt das größte Hünengrab Fünens: Mårhøj. Der Weg dorthin verläuft von einer befestigten Straße quer durch ein Feld. Wie auch in Deutschland können es die Bauern wohl auch in Dänemark nicht lassen, jeden Quadratmeter Land zu bewirtschaften, den sie an sich reißen können. Jedenfalls hilft es nichts: Die ständige Benutzung des Pfades zum Grab bewirkt, dass hier die Ackerfrucht das Rennen verliert. Die Lichtblitze auf dem ersten Bild sind keine Diamanten aus den Grabbeigaben, sondern nur Reflektionen an meinem Fahrrad, die das Blitzlicht des Fotoapparates ausgelöst hat (Warum der dumme Apparat am hellichten Tage den Blitz anschmeißt ist mir bis heute ein Rätsel). Rechts neben der Hinweistafel gehen die Stufen zum Höhleneingang hoch. Von den regelmäßigen Besuchern künden auch die Kerzen und Teelichte, die ich brennend im Innern vorgefunden habe (selber welche mitbringen ist aber anzuraten). Dennoch reichen diese gerade eben so aus, um die Abmaße der Höhle zu erahnen. Ein bischen mulmig wird einem schon dort. Es ist so gut wie stockdunkel, Geräusche von außen dringen nicht bis ins Innere vor, und man muss die Wände und die Decke ertasten, um sich nicht zu stoßen. Wie es wirklich von innen aussieht konnte ich auch erst wieder zu Hause sehen, als die Bilder entwickelt waren. Hünengräber wie diese gibt es auch in meiner Heimatgegend (und das auch sonst nicht so häufig), aber ich glaube, diese Größe ist nicht dabei.
Dann folgte eine etwas längere Strecke bis zu
"Fyns
Hoved", das als Schutzgebiet ausgeschrieben ist, aber dennoch zu
Fuß
bewanderbar ist. Die Landzunge ist sehr hügelig und bietet
reizvolle
Blicke
hinunter zum Meer. Wer genau hinsieht kann in der Mitte des Bildes zwei
kleine Punkte erkennen: Das sind Ruderer mit ihrem kleinen Boot. Bei
guter
Sicht kann man in Richtung Norden vielleicht die etwas
größere
Insel Samsø erkennen. Da das Wetter aber nicht so gut war, war
ich
mir nicht sicher, ob das da hinten Land oder nur der Horizont war...
Auf dem Weg zurück kam ich wieder durch Martofte.
Angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit (ich hatte ausgedehnte
Wanderungen
auf Fyns Hoved gemacht) hatte ich entschieden, von dort an den im Buch
beschriebenen Radweg zu benutzen, der auf einer alten Eisenbahntrasse
angelegt
wurde. Das hat mir sehr gut gefallen! Es ist ein wirklich schöner
Weg, der quer durchs Land geht, manchmal durch Einschnitte in den
Hügeln,
direkt hinter Häusern entlang und immer eingebettet von Grün.
Das Foto
zeigt einen "Bahnübergang" in der Nähe von Stubberup.
Unterwegs stieß ich dann noch auf eine
große
Schnecke,
die den Weg querte. Da ich solch große Schnecken nur aus den
Weinbergen
Süddeutschlands/-europas kenne war das schon überraschend
(Allerdings
habe ich zufällig wenige Monate danach am Mittellandkanal auch so
eine Schnecke gesehen. Ist das normal, oder läuft da gerade eine
Invasion
der Killerschnecken ab???). Als Dank für's Ruhighalten beim
Fotografieren
habe ich der Schnecke dann auch den Rest des Weges erspart und sie ins
Gras gesetzt :-)
Etwas überrascht war ich dann aber kurz vor Dalby:
Der Radweg endete plötzlich an einer Straße und auf der
anderen
Straßenseite war nur Baustelle. Ob der Radweg dort erneuert oder
auf dem Teilstück gerade erst angelegt wurde konnte ich nicht
klären.
Da er aber in der Karte
oben eingezeichnet ist, gehe ich davon aus, dass er in Kürze
wieder benutzbar ist. Den Rest des Weges bin ich dann also fast auf
kürzestem
Wege über Dalby, Mesinge und Salby zurück nach Kerteminde
geradelt.
Die ganze Strecke war etwa 84km lang, wovon aber etwa 20km auf die
Strecke
nach Kerteminde hin fiel.
Die Weiterreise am nächsten Morgen zeigte dann, dass Tullebølle (ich liebe dieses Wort: Tullebølle, Tullebølle) nur ein kleines Dorf ist und so ging es dann durch noch kleinere Dörfer nach Spodsbjerg. Von dort kommt man nur per Fähre über den Langelandsbælt nach Lolland. Warten muss man nicht all zu lange und auf der Fähre kann man schön entspannen und essen und trinken. Auf Lolland landet man im Ort Tårs. Auf dem Weg nach Nakskov kam mir dann folgendes ins Blickfeld: Leider kann man hier nicht viel erkennen, aber mit etwas gutem Willen erkennt man ein "vielarmiges" Windrad. Aus dieser Perspektive konnte man mindestens fünf Windräder direkt hintereinander sehen, die dann aus der Ferne wie ein Windrad mit "tausend Flügeln" aussehen. Der Bauer auf dem Feldweg links im Bild konnte oder wollte erst nicht verstehen, was ich da an seinem Feldrand wollte. Aber nach der Aufklärung lachte er und wünschte mir noch viel Glück.
In Anbetracht des Erlebnisses vom Vortage und der
recht
knappen Zeit habe ich mich dann beeilt, von Nakskov nach
Rødbyhavn
zu kommen, da ich auf der deutschen Seite übernachten wollte. Der
schnellste Weg ging dann über die breite Landstraße.
Dummerweise
war auf langen Strecken nicht ein kleiner Busch zu sehen, und ich
musste
doch so nötig "für kleine Jungs". Irgendwann kam dann aber
eine
große Scheune...
Es ist schon beeindruckend, wenn man mit seinem kleinen
Fahrrad als erster auf die riesige Fähre fahren darf, und
später
auch als erster wieder herunter. Wahrscheinlich ist da schon ´mal
jemand "unter die Räder" gekommen. Auf der Fähre
kann man ganz gut Mittag essen und zumindest zu der Zeit auch noch
zollfrei
einkaufen. Das kannte ich aber schon von einigen Reisen mit meinen
Eltern
im Zug vor zwanzig Jahren oder so. In Puttgarden angekommen muss
man
durch die Zollkontrolle und fährt dann über Land nach Burg
auf
Fehmarn. Das ist natürlich der reinste Touri-Ort und nach dem
Geldholen
am deutschen Geldautomaten ging´s dann auch gleich weiter. Leider
ist es für Radfahrer so gut wie überhaupt nicht
ausgeschildert,
wie man am Besten über die Fehmarn-Sund-Brücke kommt.
Letztendlich bin ich dann entlang der extrem stark und schnell
befahrenen
Bundesstraße zur Brücke gefahren, wo ich dann erkennen
konnte,
dass es einen schmalen "Notweg" gibt, über den
dann
Fußgänger und Radfahrer geschleust werden sollten. Also habe
ich oben auf der Brücke mein Rad mitsamt schwerem Gepäck
über
eine recht hohe "Leitplanke" gehoben. Zur Info: der Notweg
befindet sich auf der westlichen Seite der Brücke und wird auch
von
der westlichen Seite der Bundesstraße angefahren. Aber
natürlich
durfte auch das obligatorische Foto von der Brücke herab nicht
fehlen.
In diesem Fall ist es ein Blick nach Süden auf´s Festland.
Und
genau da musste ich hin, um mir diesmal rechtzeitig eine
Übernachtungsmöglichkeit
zu suchen. Am aussichtsreichsten erschien es mir im Ort Heiligenhafen.
Nach Absage eines unverschämt hohen Angebotes in einem
unterbelegten
Haus, wo man mir als Einzelperson das Doppelzimmer auch nicht zum
Einzelzimmerpreis
anbieten wollte (lieber garnichts statt weniger verdienen...),
bin ich dann aber gut in einer Privatunterkunft beim ortsbekannten
Werner
Kuchel untergekommen. Der hat mir den Abend mit Geschichten aus seiner
alten Boxerzeit und seiner aktiven Feuerwehrmitgliedschaft
verkürzt.
Außerdem hat er mir natürlich sein letztes Doppelzimmer zu
halbem
Preis vermietet. An jenem Abend kam dann auch noch ein ca. 60 Jahre
alter
Engländer ins Haus, der das noch nicht abgenommene "Zimmer
frei"
-Schild gesehen hatte. Auch er bekam dann noch ein kleines "Notzimmer"
und war überglücklich. Er kam auch von Skandinavien herunter
und wollte noch viel weiter und mit dem Rad auch nur noch bis nach
England
zurück. Seine Hauptsorge galt, herauszufinden, wie man am Besten
über
die Elbe kommt und am nächsten Morgen war er auch schon sehr
früh
aufgebrochen. Ich schätze, er war noch mindestens fünf Tage
unterwegs,
bei, wie er selber sagte, einer durchschnittlichen
Tagestourenlänge
von 100km...
Am dritten Tage hatte ich mir vorgenommen, in
Pelzerhaken
vorbeizufahren, wo ich 14 Jahre zuvor mit dem kompletten Schuljahrgang
der 11. Klasse eine Woche im Schullandheim verbracht hatte. Also
steuerte
ich die Ostküsste Schleswig-Holsteins an. In Heiligenhafen hatte
ich
mir eine "Freizeitkarte Ostholstein" gekauft, aber ich
hatte
übersehen, dass man Freizeit heutzutage nur noch mit dem Auto
totschlägt.
Mit vernünftigen Radwegebeschreibungen war´s also Essig. Zum
Glück waren die Ausschilderungen recht gut, und so konnte ich auf
dem Weg nach Pelzerhaken auch die uralten Eichen finden, die als
Sehenswürdigkeit
in der Karte verzeichnet waren. Da in meiner Heimat im sog.
"Herrenholz"
auch eine uralte riesige Eiche steht, war ich dann auch nicht soooo
überrascht.
Als ich mich Pelzerhaken näherte wurde ich immer
langsamer und schaute mich immer genau um. Irgendwann auf der Piste
entlang
der Küste musste doch Pelzerhaken, bzw. das Schullandheim
kommen.
Aber es kam nicht. Dann bin ich erst einmal angehalten, um eine
Passantin
zu fragen, wo ich denn hin muss und merkte dabei plötzlich,
dass
ich direkt davor stand. Allerdings hatte man das Schullandheim
erweitert,
dann noch einen Wall davorgesetzt und zwischen Wall und Wasser einen
befestigten
Weg angelegt. Und auf dem Sockel, auf dem vor 14 Jahren noch ein altes
U-Boot stand, befindet sich heute nur noch eine schmächtige Boje.
Die Ecke hat sich ganz schön verändert. Wo früher noch
direkt
hinter dem Schullandheim nur "Grün" war, ist heute
alles
schön nach bestem Wissen und Unwissen für die Kurgäste
"hergerichtet".
Kommerz ist leider überall. Dass ich nicht für meine
Durchfahrt
auch noch Kurtaxe bezahlen musste, war wahrscheinlich Glück.
Trotzdem habe ich es mir nicht nehmen lassen, ein kurzes Bad in der
Ostsee
zu nehmen. Die aus Bayern kommenden Leute vom DLRG waren netterweise
bereit,
so lange auf meine Sachen aufzupassen. Und nachdem ich mich ins Wasser
begeben hatte, trauten sich auch andere, die sonst nur im Sand lagen,
ins
Wasser zu gehen. Und sooo kalt war´s dann auch garnicht.
Dann ging´s weiter nach Neustadt, wo ich mich auf
dem Bahnhof informierte, wann und ab wo ich am günstigsten nach
Hamburg
kommen konnte. Die Entscheidung fiel dann auf Lübeck. Bis dahin
wollte
ich mit dem Rad fahren und von dort weiter mit dem Zug nach Hamburg, wo
ich bei einem Cousin übernachten wollte. Also blieb mir noch
reichlich
Zeit. Und weil das Wetter sehr angenehm war, habe ich es auch
richtig
genossen, oft mit Rückenwind, nahe des Wassers nach Süden zu
radeln. In Timmendorfer Starnd angekommen holte mich dann aber wieder
die
Realität ein: Schrecklich viel Verkehr auf den Straßen (die
hatten bestimmt alle die Freizeitkarte Ostholstein im Gepäck),
davon
sehr viele "große Bonzen-Angeberkisten" und tausende
Touristen machten aus dem sicher sonst ruhigen Ort die Hölle. Und
außerdem hat man es dort wohl auch nicht nötig, Radwege nach
Lübeck auszuschildern, wenn die sowieso alle mit ihren Schlitten
anreisen.
Grausam. Da wollte ich also schnell weg, konnte es aber nicht, weil ich
nicht wusste, wo lang. Also habe ich mich erst einmal nach der
Himmelsrichtung
orientiert und tappte auch prompt in die Falle: Aber hier nur noch
Weiterfahrt
für Autos möglich (wegen Autostraße oder Autobahn).
Also
musste ich wieder umkehren und einen neuen Anlauf starten. Diesmal
half mir aber ein entgegenkommender Radfahrer weiter. Unterwegs habe
ich
dann auf einem längeren Stück einen anderen Radfahrer
begleitet,
der auch nach Lübeck
wollte. Den Rest des Weges ließ ich mir von ihm beschreiben. In
Lübeck
ging´s direkt zum Bahnhof. Da noch ausreichend Zeit war,
musste
ich natürlich noch schnell in die City, um ein weiteres Beweisfoto
zu machen. Das Holstentor ist sicher eines der meist abgelichteten
Baudenkmäler
in Deutschland. Und ich bin mit schuld. Auf dem Foto kann man sehr gut
das aufziehende Gewitter erkennen. Ich war auch kaum am Bahnhof
angekommen
und in den Zug eingestiegen, da donnerte es auch nur so los. Der Regen
plästerte mit aller Gewalt auf das Dach der Bahnhofshalle. Und
meine
Gedanken waren: "DAS ist timing!".
Glücklicherweise war mein Cousin in der Lage und
bereit, mir einen Platz zum Übernachten anzubieten. Nach dem
Besuch
einer ehemaligen Studentenwohnheimmitbewohnerin am nächsten Tag
ging
es dann zurück nach Hannover. Auch dafür gibt´s ein
Beweisfoto
:-) Bleibt noch zu sagen, dass bei der Vorbeifahrt in Eschede, wo
gut eine Woche zuvor noch das tragischste Unglück in der
Geschichte
der Deutschen Bahn passiert ist, der Zug mit sehr gedrosselter
Geschwindigkeit
fuhr. Auf der Hinreise musste ich ja schon wegen des Unglücks
einen Umweg in Kauf nehmen. Man kommt schon ins Grübeln dabei...
Ansonsten kann ich jedem, der nicht im Urlaub den gleichen Luxus und Komfort wie zu Hause erwartet, nur empfehlen, einmal eine Radtour zu unternehmen. Man kann viel, sicherlich auch Anderes erleben, was es auf 0815-Hauptsache-warm-Reisen nicht gibt, viele Leute treffen und auch ´mal seine Belastungsgrenze erforschen.
Viel Spaß dabei !
Hannover, 01.11.1998
Hannover, 03.05.1999
Hannover, 27.08.1999
Hannover, 07.09.2003
Norbert Kolhoff