Bastelgeräusche zwischen Berlin und Fishguard

To begin at the beginning.

Die Angewohnheit, Schriftzüge aller Art immer von neuem zu lesen (wieviele Lavazza, Rama, Lucky Strike hat man bereits auf dem Buckel?) wird manchmal mit interessanten Begegnungen belohnt. Unterwegs auf der Afrikanischen Straße in Berlin, leuchtet schon von weitem die Zeile

ES HENKARTIKE

aus der Müllerstraße zu mir herüber. Henker kommt mir in den Sinn, Debatten über die Todesstrafe, und hatte ich nicht kürzlich von einem Autor gehört, der Henker interviewt hat? Gleichzeitig beschäftigt mich bereits die Frage: Warum steht diese Zeile überhaupt dort auf der Scheibe? Nun, dem Ladenbesitzer mangelt es nur an Zeit? Geld? Elan? die heruntergefallenen Lettern G, C und L zu ersetzen.
Ich radle die Müllerstraße hinauf, Richtung Scharnweberstraße, denn ich bin auf dem Weg zur Stadtbibliothek Reinickendorf, da erhascht ein Schild in der Auslage eines Dekorationsgeschäfts meine Aufmerksamkeit. Es lautet:

Waschgardinen-Service
Abholen und Montage
an einem Tag

Mal abgesehen davon, daß das Hinundherklappen der Bedeutungen zwischen dem Werktag Montag und der Montage bisher nicht aufhört und zweifelsfrei zu verstehen ist, welcher Service hier angeboten wird, liegt ein Reiz doch zweifellos darin, die neu geschöpfte Waschgardine zu würdigen. Diese war jedenfalls mit im Spiel, als mir Bastelgeräusche durch den Kopf gingen. Aber hier muß ich ein wenig ausholen.
Im Sommer 2000 druckte die Hannoversche Allgemeine Zeitung anläßlich einer Ausstellung im stillgelegten Hauptgüterbahnhof in Hannover ein Interview mit Gerhard Merz. Dieser bemerkte u.a., daß die meisten (sogenannten) Künstler heutzutage nur bastelten. Soll man sich diesem Urteil anschließen oder es entschieden zurückweisen? Gleichviel, das Wort basteln entpuppt sich als Klette. Bei den unterschiedlichstenTätigkeiten ist es nunmehr fragend zur Stelle: Bastelst du gerade?
Das Hantieren mit diversen Materialien erzeugt typische Geräusche, das Knistern von Papier kann verheißungsvoll klingen. Unlängst fiel mir wieder einmal auf, daß das spezielle Knistern eines speziellen Blatt Papiers sich verändert, sobald letzteres mit Aquarellfarbe in Berührung gekommen ist. Der Klang wird härter, leicht blechern. Während ich über dieses Phänomen nachsinne und dabei das Papier falte, nimmt wieder die Frage Aufstellung: Bastelst .............
Ja, ja, ja, ja, ja!
»Bastelgeräusche zwischen Berlin und Fishguard«
Unter diesem Motto versammle ich nun ausgewählte, verwandelte Fundstücke von meinen Streifzügen. Es werden der walisische Dichter Dylan Thomas auftauchen, Rebecca - Aufrührer im Wales des neunzehnten Jahrhunderts, Stoffmuster, berlinische Straßen, Stadtbibliotheken, Cream-Teas, Anagramme, Wörter .....

Nr. 1 erscheint Ende März 2002.

Inzwischen liegen Nummern 1-3 vor, Nr. 4 erscheint Dezember 2002

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